Mini-Intervention mit großer Wirkung

Empfangskomi-Tee statt Eskalation

Wie du als Führungskraft den Emotionen die Regie wegnimmst

Es war Montag, 8:15 Uhr. Mein Kaffee war noch nicht einmal zur Hälfte leer, da knallt mir eine Kollegin im Wochenmeeting entgegen: "Also ich finde das mit den neuen Dokumentationsanforderungen echt überzogen. Niemand steigt da durch."

Ich spüre, wie sich mein Magen zusammenzieht. Ich will etwas sagen. Aber was? "Jetzt reichts! Immer dieses Gemecker!"? Oder der Klassiker: "Ich hab doch eh alles vorbereitet und erklärt!" Oder auch... "Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, und tun müssen wir's trotzdem." Ärger, Hilflosigkeit, ... 

Und genau da passiert es: Ich halte inne. Statt zu explodieren, atme ich durch und frage mich: Was ist das Gute an diesem Verhalten? Was ist das Gute an dieser Situation?

Ich finde drei Antworten. Und die Ärger-Kurve flacht ab. Plötzlich bin ich wieder handlungsfähig. Und wir führen ein gutes Gespräch. Kein Kampf. Kein Drama. Ein echter Schritt nach vorne.

Warum das funktioniert? Weil ich mein inneres Empfangskomitee aktiviert habe. (Oder statt Kaffee Komi-Tee trinke?!)

Was ist das Empfangskomitee?

Emotionsmanagement und Selbstführung - ein Mensch, der sich sichtlich über die Aussage von jemandem ärgert im Comic Stil dargestellt

Das Tool "Empfangskomitee"* ist eine Mini-Intervention mit großer Wirkung. Es hilft dir, aus ärgerlichen, überfordernden oder stressigen Momenten auszusteigen, ohne sie zu ignorieren. Es geht um emotionale Selbststeuerung mit Haltung und Würde.

Denn: Klar darfst du dich ärgern. Aber willst du aus diesem Gefühl heraus entscheiden, führen oder reagieren? Wahrscheinlich nicht. Denn das kommt selten gut an.
Und genau da setzt diese Übung an.

Die 4 Schritte des Empfangskomitees

... oder wie du dir einen Komi-Tee aufgießt! ;-)

Schritt 1: Emotion erkennen

Stopp. Was ist gerade los bei dir? Bist du genervt? Enttäuscht? Verletzt? Ärgerlich?

Nimm die Emotion wahr. Ohne Drama, ohne Scham. Du darfst dich ärgern. Punkt.

Schritt 2: Positive Aspekte finden

Jetzt die entscheidende Frage: Was könnte ich an diesem Verhalten positiv sehen? 
Hier geht's nicht um rosarote Brillen. Sondern um Perspektivwechsel.

 

Nehmen wir das Beispiel von meinem obigen Teammeeting:


Situation: Ein Teammitglied jammert über "schon wieder neue Prozesse".
Mögliche Positive Aspekte:

  • Sie reflektiert Änderungen kritisch.
  • Er hat sich damit beschäftigt. 
  • Sie traut sich, offen zu sprechen.
  • Er ist engagiert genug, dass es ihm nicht egal ist.
  • Es ist egal, was er oder sie sagt, ich habe meinen Job und die Dokumentationsanforderungen sind in Stein gemeißelt... 
  • ...

Allein dieser Perspektivwechsel hilft, emotional wieder ein Stück weit in die eigene Mitte zu kommen.

Schritt 3: (optional) Den positiven Aspekt aussprechen

Jetzt wird’s magisch: Wenn du magst, sag dem Gegenüber, was du Positives siehst.
Ohne Ironie. Echt gemeint.

 

Zum Beispiel:
"Ich merk, dir ist das nicht egal. Danke, dass du das offen sagst."
"Ich sehe, du hast dir Gedanken darüber gemacht, wie unsere Prozesse funktionieren." 
"Ich bin froh, dass Du Deinen Unmut so direkt aussprichst, jetzt können wir uns dazu Lösungen überlegen." 

Die Reaktion? Meistens: Überraschung, Entspannung, Offenheit.

Schritt 4: Empowerment - in die Lösung gehen.

Jetzt ist die Grundlage gelegt. Von hier aus kannst du fragen:

  • "Was wäre für dich ein gangbarer Weg, damit klarzukommen?"
  • "Was brauchst du, damit [das] für dich funktioniert?"

Der Unterschied: Jetzt führt nicht mehr die Emotion das Gespräch, sondern du.

 

Übrigens: Das Empfangskomitee hat natürlich auf den ersten Blick nichts mit Tee zu tun – und auf den zweiten irgendwie doch. Denn was es bewirkt, ist in etwa das Gleiche wie eine gute Tasse Beruhigungstee: Es wärmt, entspannt und hilft, nicht gleich überzukochen. Nur dass du diesen Tee nicht trinkst, sondern denkst. Eine kleine innere Zeremonie der Haltung – mit Wirkung. Ganz ohne Koffein, aber mit Präsenz.

Die Wissenschaft dahinter

Die US-Psychologin Barbara Fredrickson hat mit ihrer "Broaden-and-Build-Theorie" gezeigt: Positive Emotionen erweitern unsere Wahrnehmung und Denkfähigkeit*. Sie schaffen Ressourcen, machen uns kreativ und lösungsorientiert.

Während negative Emotionen wie Ärger oder Angst uns verengen („Kampf oder Flucht“), ermöglichen positive Gefühle einen echten Perspektivwechsel. Genau das nutzt der Empfangskommi-Tee, äh, nein, das Empfangskomitee natürlich. 

Führung beginnt innen. Und zwar mit deiner Haltung.

Warum das funktioniert (und was es nicht ist)

 

Das Empfangskomitee ist kein Weglächeln. Kein Ignorieren. Und schon gar kein Kleinmachen. Es ist Selbstführung durch Reframing.

Du anerkennst die Emotion – und entscheidest dich dann bewusst für eine wertschätzende, klare Haltung.

 

Mit etwas Übung fällt dir dabei auch schon das Kabarett des Lebens auf - und du kannst darüber (innerlich) schmunzeln. 

Fazit

Führung ist kein Rechthaben. Führung ist Beziehungsgestaltung.

Das Empfangskomittee ist ein kleines mentales Werkzeug, das dir hilft, den Unterschied zu machen zwischen Reaktion und aktiver Gestaltung. Zwischen Frust und Führung.

Und das Schönste daran? Es wirkt oft schon beim ersten Mal.

Probier es aus. Vielleicht gleich heute. Beim Teammeeting?


Du willst Mini-Interventionen wie das Empfangskomitee live erleben, üben – und lernen, wie du Haltung mit Humor verbindest?
Dann sei beim nächsten Online-Seminar „Lach doch, Chef:in!“ dabei oder informiere dich über mein Präsenzformat „Kabarett-Training für Trainer:innen und Führungskräfte“. Dort machen wir genau das: Führungsalltag humorvoll und wirksam gestalten – ohne Klamauk, aber mit Tiefgang. 
Und wenn du ihn noch nicht abonniert hast, gibt's auch noch meinen Newsletter mit Mini-Interventionen oder humorigen Infos. 


Quellen:

Fredrickson, B. L. (2001). The role of positive emotions in positive psychology: The broaden-and-build theory of positive emotions. American Psychologist, 56(3), 218–226. https://doi.org/10.1037/0003-066X.56.3.218

Dieses Tool – das „Empfangskomitee“ – findest du auch als ausführlich beschriebenes Kartenset-Element im Methodenset „Gruppenspektakel Toolkarten“. Es basiert auf der Gewaltfreien Kommunikation nach Dr. Marshall B. Rosenberg (1933–2015), Doktor der Klinischen Psychologie und Begründer des international bekannten 4‑Schritte‑Kommunikationsmodells (Nonviolent Communication, NVC).

Als Tool formuliert haben wir (Gruppenspektakel) es im Rahmen unserer Arbeit mit Gruppen, Teams und Führungskräften – praxisnah, klar strukturiert und mit zahlreichen Beispielen.

Neugierig geworden? Dann wirf gern einen Blick ins Methodenset – dort findest du das Empfangskomitee und viele andere hilfreiche Tools für spektakuläre Teams und Gruppen. Und auf unserer Webseite gibt's noch einige andere Tools und Angebote, die für dich als Führung von Gruppen oder Teams hilfreich sein können – einiges davon auch kostenlos. https://gruppenspektakel.com